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Maria Gilges

Geboren in Düsseldorf. Lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Düsseldorf.

Atelier: Kühlwetterstraße 4 in Düsseldorf-Düsseltal (Zoo) – Mail: gilguel(at)web.de

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maria gilges – zeichnungen

ein gespräch mit martin gülland

maria gilges spricht nicht sehr gern über ihre zeichnungen und über ihre kunst. fertig. das hat sie mit vielen künstler*innen gemein. nicht aus falsch verstandener zurückhaltung. denn was sie ausdrücken möchte, hat sie mit ihren mitteln bereits ausgedrückt. schau einfach hin. gefällt es dir? spricht es dich an? das freut mich.

martin: liebe maria, trotzdem: ich möchte etwas erzählen über dei­ne arbeiten, hilf mir mal bitte auf die sprünge. damit ich hier zu einem ende komme.

maria: zu einem ende komme? willst du mich wegsortieren?

martin: bestimmt nicht. ich möchte, dass du mir auf die sprünge … du weisst: vita brevis ars aeterna.

maria:nein, weiss ich keineswegs?

martin: steht auf dem dachfries des ehrenhof-kunstpalastes. kurz ist das leben, ewig die kunst.

maria: hört sich feierlich an. verstehe ich aber nicht.

martin: ich hab‘s auch nur nachgeschlagen … aber hier, den weissen bogen papier. möchte ich heute noch voll bekommen. also meinet­wegen ‘ne nummer kleiner. ein paar stichworte. wie ist denn das beispielsweise, wenn du künstlerisch arbeitest, verfolgst du ein bestimmtes ziel?

maria: also, wenn ich künstlerisch arbeite, habe ich keine be­stimmte idee, keinen plan, den ich umsetze. was ich sagen kann: es drängt mich immer sehr an meinen atelierschreibtisch, das spüre ich sehr. wenn ich aus irgendwelchen gründen nicht hinkomme, keine zeit finde, das tut mir gar nicht gut.

martin: eine obsession?

maria: sag‘s bitte auf deutsch.

martin: bist du besessen von einer sache? eine leidenschaft?

maria: blödsinn. irgendwann im leben kommst du an den punkt, wo dir vieles klar wird. ich muss kunst machen, denn sonst gerate ich ins ungleichgewicht. es ist eher eine notwendigkeit.

martin: ich nehme mal was konkretes, hier: „fischkopf“. finde ich, nebenbei gesagt, klasse. wie kommt das zustande? wie kommt das in in die welt?

maria: das würde ich auch gern wissen (lacht ein wenig). na gut, hm … ich fühle mich oft unbehaglich, ich fühle mich nicht richtig wohl …

martin: ‘ne böse zunge würde sagen: geh‘ mit ‘ner wärmflasche auf‘s sofa …

maria: ich habe mir nicht den magen verdorben … ich fange einfach an, wobei das anfangen das schwerste ist. unterwegs dann frage ich mich schon: was will ich heute eigentlich erzählen?

martin: du erzählst geschichten?

maria: grad nicht. so unmittelbar war‘s nicht gemeint. ich male oder zeichne einzelbilder, ganz sicher. wenn sie geschichten dar­stellen, müsste jemand anderes sie übersetzen, sie erzählen …

im gespräch mit anderen habe ich oft gehört, dass diese einzel­bilder doch etwas verbindet, dass ein roter faden hervorschimmere …

martin: und das ist?

maria: traurigkeit, stille, einsamkeit, fremdheit, verlorenheit, unsicher sein … auch agression …

martin: das ist ja ein ganzes bündel von …

maria: ja, und da steckt noch mehr drin.

martin: ist das das, was du vorhin mit unbehaglich meintest?

maria: vermutlich ja. ein bzw. mein lebensgefühl. die grundfärbung meines lebens. die ist aber kein programm, falls du danach noch suchst.

martin: eine stimmung? die so quasi nebenbei ihren ausdruck fin­det? je mehr ich drüber nachdenke: ist dir der künstlerische pro­zess wichtiger als das kunstwerk selbst?

maria: ja, das trifft‘s ganz gut. oft bin ich selbst überrascht, wenn ich auf eine neue arbeit schaue.

martin: salopp gesagt: am morgen des tags wusstest du noch nichts vom „fischkopf“?

maria: stimmt.

martin: das heißt, zunächst kennst du die ganzen wesen, die du hervorbringst nicht, musst dich mit ihnen erst anfreunden?

maria: das fällt mir nicht so schwer. aber es stimmt: zunächst kenne ich sie gar nicht.

martin: wie ist das mit den betrachter*innen deiner kunst, freun-den die sich auch schnell …?

maria: es gibt zwei gruppen: die einen sofort und fast immer.

und die, die es nicht wissen, sie überlegen, fragen mich manchmal, ob ich probleme habe und sagen, dass sie manche sachen von mir un­heimlich finden … unheimlich. das verstehe ich wieder nicht. das ganze leben ist doch unheimlich.

martin: ich glaube dich ein wenig zu verstehen. ich will dir sa­gen, wie es mir mit deinen arbeiten geht. manche springen mich förmlich an, sofort, ich kann nicht sagen warum. „fischkopf“ find‘ ich super. andere sachen empfinde ich als fremder. ich kann auch hier nicht genau sagen, was es ist. ich halte meine sehgewohn-heiten für mitverantwortlich. ich bin im grunde etwas verbildet und meine augenlinse hat ihre elastizität verloren, ich dazu meine spielerische und meine kindliche phantasie. kränkt es dich wenn ich sage, dass manche arbeiten, keineswegs alle, kindhaft auf mich wirken?

maria: überhaupt nicht. das kind ist das beste in uns.

maria gilges, fischkopf, 2018